Mooncakes, Mondfest, Mond betrachten

Am Sonntag war hier in China Mondfest – auch Mid-Autumn-Festival. Das ist ein ganz bedeutendes Fest, das immer am 15. Tag des achten Mondmonats stattfindet – also immer dann, wenn in diesem Monat Vollmond ist. Die ganze Familie kommt dann traditionellerweise zusammen und feiert. Abends schaut man sich gemeinsam den Mond an.

 

 Julia und ich waren für diesen Tag bei Doudou, einer Englischlehrerin an einer anderen Schule, eingeladen. Wir hatten im Vorfeld einen Kuchen gebacken und Mooncakes gekauft – das sind kleine runde Kuchen mit verschiedenen Füllungen (Rote Bohne, Milch, Blumen, Fleisch, Pfirsich…), die manchmal ganz gut schmecken und manchmal echt schlecht. Sie sind typisch für dieses Fest und werden schon Tage und Wochen vorher verschenkt.

Mid-Autumn-Festival, das heißt: Mooncakes essen und die Familie feiern. Dementsprechend sitzen Julia und ich auf diesem Bild mit jeder Menge Essen (die Mooncakes liegen auch auf dem Tisch) neben Doudous Mutter (links) und ihrer Tochter Caty (zwischen uns).

Julia, Doudou und ich auf dem Square (ein großer Platz in Jiuquan, zu dem ich bestimmt bald noch einmal mehr erzählen werde). Doudou ist Englischlehrerin an der Schule, an der wir Freiwilligen unsere Probestunden gehalten haben. 

In Doudous entzückender Wohnung konnten wir dann lernen, wie man Dumplings (jiaozi) herstellt: Man rollt einen aus Mehl und Wasser bestehenden Teig auf einen kleinen Kreis aus, legt eine Füllung drauf und drückt die Teigenden zusammen, sodass eine Art Nudeltasche entsteht. (Die Füllungen bestanden zum Teil aus sehr seltenen Kräutern, die Doudous Schwiegereltern von Hand in den nahen Bergen gepflückt hatten. Im Supermarkt kann man die nämlich nicht kaufen.) Im Idealfall sieht ein Dumpling dann aus wie eine hübsche, gleichmäßige Teigtasche. Bei Doudou und ihrer Mutter klappte das ganz hervorragend; Julia und ich hatten aber leider trotz vieler Versuche nicht den gleichen Erfolg. Unsere Dumplings sahen einfach nicht schön aus! Deswegen überließen wir nach vielen missratenen Taschen den erfahrenen Dumpling-Machern das Feld und halfen Doudous Tochter Katy, auf dem Rasenstück vor der Haustür Futter für ihr Albinokaninchen zu suchen.

Das sind einige der fertigen jiaozi und eine Ei-Lauch-Füllung. Wer kann erkennen, welche Dumplings von uns Deutschen fabriziert wurden...?

 

Die Dumplings waren zum Mittagessen aber echt lecker. Doudous Mann brachte mir auch endlich bei, wie man die Stäbchen hier in Gansu richtig hält (leider fielen mir die glitschigen Dumplings trotzdem – oder gerade deswegen? – immer herunter). Nach einer kurzen Pause machten wir uns auf den Weg zu einem „plant park“, wie Doudou ankündigte. Wir stellten uns darunter eine Art botanischen Garten vor und staunten nicht schlecht, als wir in einer Art Shopping-Center mit vielen kleinen Geschäften und tropischen Pflanzen ankamen. Kleiner Haken: Fast alle Pflanzen in diesem Gebäude waren künstlich. Sie wurden von künstlichen Jadesteinen und kleinen Wasserfällen von künstlichen Felsbrocken umrahmt. Ein besonders imposantes Blumengeschäft verkaufte, wie sich schnell heraus stellte, nur Plastikblumen (dafür aber für einen stattlichen Preis). Zwischen den Pflanzen befanden sich außerdem immer wieder große Holzschnitzereien (ob das Holz echt ist, kann ich beim besten Willen nicht beurteilen) und idyllische Sitzplätze. Doudou fand's aber super und wollte dann auch direkt an jeder Ecke ein Foto von uns machen.

Das soll wohl eine Miniatur-Nachbildung der Großen Mauer sein - nur eine von zahlreichen Attraktionen, vor/in/bei/neben denen wir im "Botanischen Garten" Fotos gemacht haben.

Außerdem fanden wir Nachbildungen aller Tierkreiszeichen aus echtem Metall. Wir sind beide im Jahr des Büffels geboren. Deswegen sind wir laut Doudou fleißig und geduldig. Außerdem ist für uns ist die Familie am wichtigsten. Das Metall-Rind ist auf jeden Fall ein Kracher!

 Wir gingen noch eine kleine Runde um den Außenbereich des Parks, in dem um einen künstlich angelegten kleinen See tatsächlich echte Pflanzen standen. Wir tranken ein seltsam schmeckendes Milch-Tee-Mischmasch und fütterten Armadas von hässlichen, fetten Fischen mit Fischfutter und einige Schwäne mit seltsamen Beulen am Kopf mit Popcorn. Das ist dort völlig normal, man konnte das Popcorn direkt mit dem Fischfutter kaufen.

Flieg, Popcorn, flieg!

 

Nachdem wir eine Runde um den Park gelaufen waren, fuhren wir weiter zum College in Jiuquan. Dort haben sich Doudou und ihr Mann kennen gelernt und er ist dort immer noch als Lehrer angestellt. Weil am Sonntag eine Sportveranstaltung für alle Studenten stattfand, musste er arbeiten und wir holten ihn nachmittags ab. Der Campus dieses Provinz-Colleges ist echt groß und die Studenten wohnen dort auch alle. Es war irgendwie schön, mal wieder so viele Gleichaltrige auf einmal zu sehen. Der Gedanke, dass viele von ihnen wahrscheinlich ein bisschen Englisch können, war noch schöner. Allerdings wurden wir durch die öffentlichen Toiletten im Stadion schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. In manchen Momenten versteht man doch plötzlich wieder, warum unser Dienst als „entwicklungspolitisch“ bezeichnet wird – diese Toiletten könnten ein wenig Entwicklung auf jeden Fall gut gebrauchen ;-).

 Vom College fuhren wir direkt weiter zum Restaurant. Das ist ganz in der Nähe unserer Schule. Freunde der Familie und wir waren zum Hot Pot-Essen eingeladen. Hot Pot bedeutet im Grunde, dass in der Mitte des Tisches eine oder mehrere Suppen stehen, in denen man verschiedene kleine Gemüse- und Fleischstücke kocht. In unserem Fall waren das unter anderem Kürbissuppe, scharfe Suppe und Fischsuppe. Eintauchen konnten wir unglaublich viel Verschiedenes: Kohl, Kartoffelnudeln, Tofu, Fleisch, Pilze, Wachteleier… Kopfzerbrechen bereitete mir nur die Stäbchen-Handhabung. Was noch beim Mittagessen (wenn auch mehr schlecht als recht) geklappt hatte, wollte jetzt nicht mehr funktionieren – das glitschige Essen entwickelte irgendwie einen Willen, der mir zuwiderlief. Nach kurzer Zeit brachten die Kellner uns allen große Lätzchen. Angeblich ist das in China aber gar nicht so unüblich. Auch wenn ich mit diesem Lätzchen um meine Selbstachtung kämpfen musste: Für meine Bluse war diese Maßnahme goldrichtig.


Das Essen war extrem lustig. Die Freunde von Doudous Familie, die kaum Englisch sprachen, brachten mir einige chinesische Wörter und Ausdrücke bei. Ich habe auch zum ersten Mal im Leben gelernt, wie man Shrimps isst! Es war wirklich sehr interessant. Einziger Haken bei der ganzen Sache war: Julia und ich waren wirklich überhaupt nicht hungrig. Das ganze Wochenende über waren wir bereits von irgendwem vollgestopft geworden, und Doudou selbst hatte uns im Vorfeld schon dauernd mehr und mehr Früchte und Süßigkeiten aufgezwungen. Und so versuchten wir zwei Stunden lang mehr oder weniger erfolgreich, uns gegen die chinesische Gastfreundschaft zu wehren. Doudou und ihre Freundin luden uns nämlich permanent mehr Essen auf den Teller, in die Suppe und in die Soße. „Eat more, eat more“, sagten sie dann immer – Widerstand zwecklos. Als ich das Restaurant verließ, war mein Teller komplett vollgestapelt und ich fühlte mich, als hätte ich mich gerade komplett durch das Schlaraffenland gegessen. Zum Abschied ließ Doudou es sich nicht nehmen, uns noch mit einer ganzen Tüte voll Datteln, vielen Äpfeln und Birnen und zwei Wassermelonen auszustatten. Auf dem Rückweg versuchten wir zwar, eine Wassermelone an die Pförtnerin zu verschenken – die gab uns aber im Gegenzug wieder eine Art Kuchen. Hier tauscht man Essen nämlich immer hin und her, statt es zu verschenken.

Das war im Nachhinein betrachtet ein bisschen dumm gelaufen. Aber jetzt brauchen wir für die nächste Zeit definitiv kein Obst mehr zu kaufen. Eigentlich überhaupt kein Essen. Ich kann mir nämlich gar nicht vorstellen, irgendwann einmal wieder Nahrung zu mir zu nehmen. Aber die Feier war wunderbar. Auf dem Nachhauseweg konnten Julia und ich einfach nicht mehr an uns halten. Wir lachten hysterisch und konnten einfach nicht mehr aufhören! Der Mond aber war an diesem Abend wunderschön rund und voll – wie es sein sollte beim Mondfest.

Obwohl eigentlich Wolken angesagt waren, konnten wir den Mond dann doch noch bestaunen. In seinem Schein sind Julia und ich spätabends dann noch einige Runden um den Sportplatz gelaufen - bitter nötig nach der kulinarischen Orgie, die wir hinter uns hatten.

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Kommentare: 1
  • #1

    Ulrike/ Sophie "Sufei" (Dienstag, 29 September 2015 10:21)

    Hi,
    ich war letztes Jahr an der Middle School No 2 und hab grad Deinen Blog gelesen. Schoen, dass es Dir schon so gut gefaellt und Du schon Freunde gefunden hast :-)
    Ich finde, eure Jiaozi sehen schon ganz gut aus, ihr haettet mal meine sehen sollen! Viel Spass euch beiden dann auch in Zukunft :-)