Alltägliches

Chinesischer Alltag ist so eine Sache.

 

Der deutsche Planungsmensch legt sich eine schöne Routine zurecht, guckt zufrieden und freut sich, das jetzt alles in Ruhe abarbeiten zu können. In China wird der deutsche Planungsmensch dann eine Menge übler Überraschungen erleben und sich vielleicht am Abend verzweifelt fragen, was denn nun aus seinem schönen Tagesablauf geworden ist. Ich jedenfalls stelle oft im Nachhinein fest, dass ich wirklich nichts von dem auch tatsächlich getan habe, was ich schaffen wollte.

 

 Zum Beispiel ist es mir schon mehrmals passiert, dass ich ungefähr fünf Minuten nach Beginn des Unterrichts mitbekommen habe, dass ich außerhalb der Reihe unterrichten soll – weil nämlich zwei aufgeregte Schüler in unserem Office standen und fragten, ob sie denn jetzt draußen spielen könnten, weil ich ja nicht im Unterricht sei. Andersherum ist es auch schon vorgekommen, dass ein Mathe- oder Chinesischlehrer zwei Minuten nach Klingeln der Schulglocke in meinen Unterricht marschiert ist und über eine Schülerin ausrichten ließ, dass meine Stunde jetzt für seinen Unterricht benötigt würde.

Alltag im deutschen Sinn stellt sich hier also selten ein. Ich versuche trotzdem einmal, einen Tagesablauf zu skizzieren. Einer meiner typischen Werktage hier sieht in etwa so aus:

8:15       Aufstehen

8:30       Frühstück (Chinesen essen zum Frühstück baozi, gefüllte Teigtaschen, Reis oder Nudeln. Wir       bleiben im Regelfall aber bei Joghurt, Haferflocken, Früchten oder Toast.)

9:15       Büro (Theoretisch wollten wir jeden Tag um neun im Arbeitszimmer sitzen, aber irgendwie                     sind wir mit dieser Zeit im Laufe der letzten Wochen immer ein bisschen weiter nach hinten    

              gerutscht. Weil unser Office Teil der Wohnung ist, haben wir auch keine fest   

              vorgeschriebenen Office hours. Ein Privileg: Alle anderen Lehrer müssen mit Ausnahme der    

              Mittagspause und Unterricht von morgens um acht bis abends um sechs in ihrem Büro sitzen.)

11:20     Unterricht (Meine erste Unterrichtsstunde ist im Regelfall die letzte vor der Mittagspause. Bis 

              dahin bereite ich Stunden vor, schreibe Mails und lerne Chinesisch.)

12:00     Mittagspause! Die chinesische Mittagspause geht drei Stunden. Julia und ich kochen also    

               oder gehen uns etwas zu essen kaufen. Danach tue ich normalerweise nicht so viel.

15:00     Unterricht und Zeit im Büro

18:00     Feierabend und Abendessen. Häufig fällt uns zu diesem Zeitpunkt auf, dass wir noch 

              einkaufen müssen. Manchmal essen wir auch gemeinsam mit Cathy, einer Englischlehrerin, 

              in einem von zahlreichen günstigen Minirestaurants in der Nähe.

Bis spät abends    Habe ich komischerweise immer viel zu viel zu tun.

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